Fragen und Antworten zur Videotechnik und Videoanalyse

Artikel: Fragen und Antworten zur Videotechnik und Videoanalyse

Hier beantworten wir Ihnen häufig gestellte Fragen zur Videotechnik und Videoanalyse.

Videotechnik an Bahnhöfen

Wieso wird die Videotechnik an Bahnhöfen ausgebaut?

Die Deutsche Bahn nutzt Videotechnik in erster Linie zur Beobachtung und Überwachung betrieblicher Abläufe und zur Wahrung des Hausrechts. Die Abwehr von Gefahren und die Strafverfolgung auf Bahnhöfen und in Zügen obliegen der Bundespolizei. Derzeit sind bundesweit etwa 9.000 Kameras im Einsatz. Die neuen Kameras steigern die Qualität der Aufnahmen durch hochauflösende Bilder. Bis Ende 2024 stattet die Deutsche Bahn alle großen Bahnhöfe Deutschlands mit der modernen Videotechnik aus. Rund 11.000 Kameras werden dann eingesetzt.

Die Auswahl der Bahnhöfe des Videoprogramms treffen die Deutsche Bahn und die Bundespolizei nach bahnbetrieblichen und polizeifachlichen Kriterien. Dabei spielen Fahrgastfrequenzen, die Anzahl von Zughalten und polizeiliche Statistiken eine zentrale Rolle. Nur die Bundespolizei hat Zugriff auf die gespeicherten Bilder.

Worum geht es bei der Erforschung der Videoanalyse?

Zusammen mit dem „KI-Campus der Polizei“ des Bundesministeriums des Innern und für Heimat erforschen die Deutsche Bahn und die Bundespolizei, auf welche Weise KI-gestützte Software bei der Analyse von Videobildern zum Einsatz kommen könnte. Für die Bewertung und Erprobung polizeilicher KI-Lösungen kommen dort Wissenschaft, Behörden und ausgewählte Unternehmen zusammen. Die Software soll dabei helfen, potenzielle Gefahrensituationen zu erkennen, wie beispielsweise hilfsbedürftige Personen, das unbefugte Betreten von Gleisanlagen oder nicht zuordenbare Gepäckstücke. Gemeinsam wird sowohl unter Labor- als auch unter Realbedingungen erforscht, wie Software für solche speziellen Situationen trainiert und in der Folge das Sicherheitspersonal der Deutschen Bahn oder die Bundespolizei auf diese hinweisen könnte.

Was ist das Ziel der Erprobung der Videotechnik?

Ziel ist das automatisierte Erkennen und Anzeigen von Gefahrensituationen mittels intelligenter Videotechnik im Bahnhof. Mit Hilfe einer zu erprobenden Software, die standardisiert erhobene Videodaten nutzt, soll das jeweilige Bild umgehend auf den Monitor im Sicherheitslabor aufgeschaltet und durch das dortige Personal bewertet werden.

Im Sicherheitslabor im Bahnhof Berlin Südkreuz sammeln Deutsche Bahn und Bundespolizei Erkenntnisse darüber, ob teilautomatisierte Videotechnik die Mitarbeitenden in der Bewältigung ihrer täglichen Aufgaben unterstützen kann. Dies dient der Sicherheit der Reisenden und einem reibungslosen Bahnverkehr.

Erkennt die Videotechnik Gesichter?

Nein. Daten zur biometrischen Echtzeitidentifizierung oder zur sogenannten Gesichtserkennung werden durch die Software nicht generiert/erhoben.

Kann die Software der Videotechnik Personen identifizieren?

Nein. Die zu entwickelnde Software nutzt keinerlei Datenbanken mit Vergleichsdaten für die individuelle Personenerkennung und ermöglicht keine Identifizierung von Personen. 

Welchen Nutzen hat die Videoanalyse?

Die Bundespolizei definiert Standorte beziehungsweise Bahnhöfe, an denen Videotechnik aus polizeifachlicher Sicht besonders erforderlich ist, um Gefahrensituationen abzuwehren. Diese werden bis Ende 2024 mit moderner Videotechnik ausgestattet. Die neue Videotechnik soll nach der Erprobung den Einsatz von KI zur schnellen Gefahrenerkennung und Einleitung unverzüglicher effizienter Maßnahmen ermöglichen. Derzeit werden die Bilder von teils hunderten Kameras eines Bahnhofs in die jeweiligen Leitstellen der Bundespolizei und der DB Sicherheit übertragen. Wegen der immer weiter steigenden Zahl der Bilder ist eine effiziente Sichtung immer aufwendiger und durch das Personal kaum noch leistbar. Hier setzen wir an. Mit Hilfe intelligenter Software sollen die Videoströme analysiert, potenzielle Gefahrensituationen automatisiert erkannt und in Echtzeit das entsprechende Videobild in den Leitstellen mit einem Hinweis aufgeschaltet werden. Mitarbeitende der Deutschen Bahn sowie der Bundespolizei können dann unmittelbar eine Bewertung vornehmen und gegebenenfalls weitere Maßnahmen einleiten. Auch Situationen, die zu Störungen bahnbetrieblicher Abläufe führen, kann zeitnah begegnet werden. Die Sicherheit in den Bahnhöfen kann davon profitieren. Die technischen Systeme unterstützen somit die Alarmierung. Für die Bewertung einer Gefahrensituation sowie das Einleiten von betrieblichen Maßnahmen bleibt stets eine menschliche Bewertung vor Ort notwendig.

Wie erfolgt die grundsätzliche Erprobung der KI-unterstützten Software der Videotechnik?

Das Thema KI stellt die Bundespolizei und die Deutsche Bahn vor vielschichtige Chancen und Herausforderungen. Dabei ergeben sich Fragestellungen aus Perspektiven der Technologie und Organisationsentwicklung, über Prozesse und Personal, bis hin zu Recht und Ethik. Da KI in vielerlei Hinsicht anders funktioniert als klassische Software, werden Entwicklung und Einsatz von interdisziplinärer Expertise begleitet. Die Expert:innen können sich auf diese Weise frühzeitig und ganzheitlich mit dem konkreten Anwendungsfall auseinandersetzen.

Zur bestmöglichen Erprobung erfolgt ein stufenweises Vorgehen, welches die Einhaltung maßgeblicher Anforderungen an Qualität, Datenschutz sowie ethische und rechtliche Akzeptanzkriterien gewährleistet. Wenn der Anwendungsfall als machbar und nützlich bewertet wird, erfolgt eine Erprobung unter Laborbedingungen. Diese soll nachweisen, ob das System technisch grundsätzlich in der Lage ist, dass sich aus dem Anwendungsfall ergebende Problem zu lösen. Die anschließende technische Erprobung unter realitätsnahen Bedingungen stellt das System in Bezug auf die Komplexität realistischer Betriebseinflüsse auf die Probe. Um das Zusammenspiel zwischen Technik und Menschen zu prüfen (Wirksamkeit und Nutzen), erfolgt schließlich eine soziotechnische Erprobung.

Sämtliche Stufen der Erprobung werden fortlaufend nach den oben genannten Anforderungen bewertet, sodass eine zielgerichtete Entwicklung sichergestellt ist. Nur wenn das System nach jeder Phase die an sie gestellten, stufenspezifischen Anforderungen erfüllen kann, wird die Erprobung fortgesetzt.

Videobilder werden bereits heute an ausgewählten Bahnhöfen aufgezeichnet und nach der im § 27 Satz 3 Bundespolizeigesetzt festgelegten Frist von 30 Tagen gelöscht. Die Erprobung im öffentlichen Raum sieht die Nutzung von einzelnen Videosequenzen aus der bereits bestehenden Videotechnik vor. Dabei wird durch die zusätzliche Komplexität innerhalb der realen Umgebung die technische Umsetzung auf die Probe gestellt. Beispielsweise sind Variationen der Jahreszeiten, Beleuchtungs- und Witterungsverhältnisse sowie des Personenaufkommens zu berücksichtigen. Dazu werden auch gesondert Trainingsdaten an vereinzelten Testtagen in einem Bahnhof generiert. Dies erfolgt durch Aufnahmen von Sequenzen unter betriebsnahen Einflüssen, welche durch projektinterne Statisten dargestellt werden. Die enge interdisziplinäre Abstimmung zum Versuchsaufbau, zur Koordinierung sowie zur anschließenden Aufbereitung der Trainings- und Testdaten gewährleistet technische, ethische und rechtliche Anforderungen. Dies beinhaltet auch die Einhaltung der Datenschutzkonformität.

Videoanalyse - Betreten festgelegter Bereiche

Was ist das Ziel des Vorhabens?

Wer zu nah am Gleis steht, kann in Lebensgefahr sein. Deshalb steht das Erkennen des „Betretens festgelegter Bereiche“ derzeit im Fokus der Erprobung der Videoanalyse, die durch den Einsatz von KI unterstützt werden soll.

An Bahnhöfen sind sogenannte „festgelegte Bereiche“ freizuhalten, da deren Betreten unweigerlich mit Gefahren verbunden ist. Dazu gehören zum Beispiel der Bereich zwischen dem weißen Leitstreifen und der Bahnsteigkante oder das Gleisbett. Personen, die sich hinter der weißen Linie aufhalten, können durch einen einfahrenden oder durchfahrenden Zug erfasst beziehungsweise mitgerissen werden. Das Eintreten in den Bereich zwischen dem Leitstreifen und der Bahnsteigkante passiert sehr häufig – bewusst wie auch unbewusst. Es stellt nur dann ein Risiko dar, wenn eine Person länger in diesem Bereich verweilt oder sich während der Zugein- beziehungsweise -durchfahrt deutlich nah an der Bahnsteigkante aufhält. Insbesondere das Betreten des Gleisbereichs sowie das Fallen oder Stoßen von Personen oder Gegenständen in diesen stellen eine erhebliche Gefahr dar.

Um diese Gefahren schneller und effizienter abzuwehren, erproben Bundespolizei und Deutsche Bahn den unterstützenden Einsatz von KI. Dadurch sollen die vorab beschriebenen Bewegungen in eisenbahnbetriebliche infrastrukturkritische Bereiche mittels intelligenter Videotechnik erkannt und angezeigt werden. Wird durch die intelligente Software eine Person oder ein entsprechender Gegenstand im Gleisbereich detektiert, soll das Personal in der Leitstelle zukünftig einen Alarmhinweis erhalten, sodass es die Lage per Video bewerten und sichernde Maßnahmen einleiten kann. Dazu ist es erforderlich, die Aufmerksamkeit des Leitstellenpersonals durch gegebenenfalls visuelle und akustische Signale sofort auf die potenzielle Gefahrensituation zu lenken. Sicherheitskräfte können so frühzeitig handeln.

Ziel ist es, Menschenleben durch den Einsatz von KI in diesem zeitkritischen Anwendungsfall zu retten. Außerdem soll der Einsatz von moderner Technologie und der damit erhöhten Effizienz im Umgang mit Risiko- und Notfallsituationen ein positives Sicherheitsempfinden bei Reisenden und der Bevölkerung im Allgemeinen begünstigen.

Wie soll die Software die Leitstellen unterstützen?

Grundprozess der Software

Grundsätzlich soll eine intelligente Software Objekte signifikanter Größe oder Personen erkennen, die über einen längeren Zeitraum nah an der Bahnsteigkante verweilen oder in den Gleisbereich treten. Daraufhin soll ein automatisierter Alarm für das Sicherheitspersonal ausgelöst werden. Um die Menge an Fehlalarmen auf ein Minimum zu reduzieren, ist vorab definiert, unter welchen Rahmenbedingungen der Eintritt einer Person oder eines Objekts eine kritische Situation darstellt.

Person im Gefahrenbereich an der Bahnsteigkante

Bei den meisten alarmauslösenden Überschreitungen handelt es sich um nachlässiges Verhalten, das sehr oft im Bahnhofsalltag auftritt. Deshalb soll die Alarmauslösung für den Eintritt in den Bereich zwischen dem Leitstreifen und der Bahnsteigkante mit einer zuvor definierten Mindestverweildauer gekoppelt werden.

Ist das Gleis beispielsweise durch einen Zug belegt, in den Fahrgäste ein- und aussteigen, bleibt ein Warnhinweis durch das System aus.  

Person oder Objekt im Gleisbereich

Tritt der Fall ein, dass eine Person oder ein Objekt durch das System im Gleisbett erkannt wird, erfolgt eine sofortige Meldung an die Leitstelle. Das nun gegebenenfalls erforderliche Einleiten betrieblicher Maßnahmen geschieht nicht automatisiert durch das System, sondern soll nach Prüfung und Bestätigung des Verdachts durch das Sicherheitspersonal der Leitstelle initiiert werden.

Selbst wenn das technische System korrekt funktioniert, können Prozessfehler im Rahmen der Mensch-Maschine-Interaktion entstehen. Diese werden durch Schulungen der Anwendenden vermieden, die auf den Umgang mit dem System vorbereitet werden und Klarheit über dessen Funktionsweise, Ziele, Fähigkeiten und Grenzen schaffen. 

Gleichbehandlung und Ausschluss von Diskriminierung

Das System soll alle Personen grundsätzlich gleich behandeln. Auch unterschiedliche Personengruppen oder Menschen mit körperlichen Einschränkungen (wie beispielsweise Rollstuhlfahrende) sollen entsprechend der KI-Anwendung gleich erkannt werden. 

Wie erfolgt die interdisziplinäre Bewertung?

Der KI-Campus bringt Expert:innen aus Polizei, Technik, Recht und Ethik als Team zusammen. Dies ermöglicht eine umfassende Bewertung von KI-Anwendungsfällen mit dem Ziel einer ersten Machbarkeitsbewertung. Die Expert:innen können sich auf diese Weise frühzeitig ganzheitlich mit dem konkreten Anwendungsfall auseinandersetzen. 

Der Entwicklungsprozess und der mögliche spätere Einsatz von KI-Lösungen werden kontinuierlich von interdisziplinärer Expertise begleitet. 

Die Forschungspartner:innen beraten sich individuell zur Entwicklung und zum Betrieb von KI-Lösungen, welche auch nichttechnische Fragestellungen und Herausforderungen adressiert. Hierbei sind Themen wie beispielsweise die Einhaltung relevanter Datenschutzvorgaben von entscheidender Bedeutung. 

Wie ist die rechtliche und datenschutzrechtliche Grundlage?

Der Einsatz der KI-Software setzt auf den bereits zur Gefahrenabwehr erfassten und aufgezeichneten Videodaten auf. Rechtsgrundlage für diese Bildaufnahmen ist § 27 Nr. 2 BPolG. Die Rechtsgrundlage für die Nutzung der Daten für den Einsatz der KI-Software ist § 29 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 27 Nr. 2 BPolG. Die Verarbeitung personenbezogener Daten für die wissenschaftliche Forschung ergibt sich aus § 50 Satz 1 BDSG.